Gruppe Neue Musik »Hanns Eisler«
Funktion: Autor
Erstellungsdatum: 07/2005
Thomas Christoph Heyde
Gruppe Neue Musik »Hanns Eisler«
Erschienen in Leipzig Protestatlas: Text Bild Karte, Leipzig, 07/2005
Auszug aus dem Artikel:
Jeans und ungebügelte Hemden
In dieser, wenngleich kurzzeitigen Aufbruchstimmung, bildete sich in Leipzig ein regelrechtes Zentrum der zeitgenössischen Musik. Der Amtsantritt des kompromisslosen Dirigenten und Streiters für die Neue Musik, Herbert Kegel (ab 1953 in Leipzig Dirigent des Großen Rundfunkorchesters) und seine legendären Orchesterkonzerte in der Kongresshalle, die das Publikum nicht selten in Scharen verließ, bildeten dabei eine wichtige Basis für engagierte Aktivitäten meist junger Musiker.
Mangels eines Podiums für neue Kammermusik gründeten 1970 der Komponist und Posaunist Friedrich Schenker, der Oboist Burkhard Glätzner und weitere Mitglieder des Leipziger Rundfunk-Sinfonieorchesters die ‚Gruppe Neue Musik »Hanns Eisler«’. Die ersten Konzerte fanden in der Leipzig-Information am Sachsenplatz und in der Alten Börse statt, später etablierte die »Gruppe« die Rathauskonzerte. Der Ruf, der dem Ensemble vorauseilte, war bereits Mitte der 70er Jahre legendär, zumal immer das Damoklesschwert des »Auftrittsverbotes« über all ihren Aktivitäten schwebte.
Die Kulturfunktionäre und ihre (auch komponierenden) Vollstrecker tobten, dass derlei »Neutönerei« und provozierendes Auftreten in Jeans und ungebügelten Hemden nichts mit dem »Bitterfelder Weg«1 gemein habe. Gleichwohl: der Geist des Oppositionellen, des Kompromisslosen, der sich vor allem mit Komponistennamen wie Friedrich Schenker, Reiner Bredemeyer, Georg Katzer, Paul-Heinz Dittrich – um nur einige zu nennen – verbindet, stand auch unter prominentem Schutz und mit zunehmender Präsenz der acht Musiker im westlichen Ausland wurde die »Gruppe« auch unantastbarer. (weiterlesen[.pdf])
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Der Text entstand im Rahmen des Projektes Heimat Moderne, Experimentale 1, Leipzig 2005.
Informationen zu diesem Projekt sind hier zu finden.
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