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Matrix-Herbstfestival

Funktion: künstlerischer Leiter

Erstellungsdatum: 11.10. - 05.12.2003

Festival für klingende Kunst

  1. Deutschlandradio »Matrix-Herbstfestival«
  2. MDR »Matrix-Herbstfestival«
  3. Deutschlandfunk »Matrix-Herbstfestival«

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Alle zwei Jahre veranstaltet das Forum Zeitgenössischer Musik ein Herbstfestival, und in diesem Jahr haben wir uns inhaltlich und formal für eine ungewöhnliche Konzeption entschieden, denn
-»Matrix-« ist nicht nur ein Festival für Musik, da wir in Konzerten, Installationen, Soundscapes, mit Show und Ausstellung vor allem auch die Schnittstelle Musik-Medienkunst beleuchten,
-»Matrix-« ist nicht nur ein Thema, da der Inhalt des Festivals sich aus verschiedenen Motiven bzw. Schlagworten zusammensetzt, die sich miteinander verzahnen oder aber auch ganz lockere Kontexte bilden,

-»Matrix-« ist kein traditionelles Wochenend-Festival, da wir in einem Zeitraum von 8 Wochen die Auffassung davon auf den Kopf stellen, was ein Festival ist bzw. auch sein kann,
-»Matrix-«, das sind Ergebnisse und Ereignisse an vielen verschiedenen Orten mit ganz unterschiedlichen Partnern, die sich in einem definierten Zeitraum miteinander vernetzen,
-»Matrix-«, das sind zusammengehörende Einzelfaktoren [in einem System], die wir zur Darstellung und zum »Klingen« bringen.

(Thomas Christoph Heyde)

LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 08.12.2003, S. 7
Ausgabe: Leipziger Volkszeitung-Stadtausgabe/Stadtausgabe / Ressort: Bühne Leipzig
Matrix – Herbstfestival für klingende Kunst“ vorbei

Ein letztes Asyl fürs fäkale Gestalten
„Meine Erkenntnis der letzten Zeit ist, dass man sich als Künstler nicht mit einer solchen künstlichen und engstirnigen Katalogisierung bequemen darf.“ Damit meint der 1971 in Ungarn geborene Komponist Peter Köszeghy die Grenze „zwischen dem Ernsten und dem Populären“. Und deswegen will er „auf keinen Fall ,Komponist für Neue Musik` genannt werden.“ Nun ja – die Gefahr ist gering. Denn die beiden Uraufführungen, mit denen er am Wochenende im mäßig besuchten Oberlichtsaal der Stadtbibliothek das Abschlusskonzert von „Matrix – Herbstfestival für klingende Kunst“ bereichert hat, bergen keine Verwechslungsgefahr: Für „Zaun (Pieta)“ setzt er sich eine schicke Stacheldraht-Dornenkrone aufs geschorene Haupt, hüllt sich in einen Maschendrahtzaun-Mantel und traktiert zu einer Fotographie Henrieke Streckers und Zuspiel-Wummern eine verzerrte Maultrommel. Für „Sexus-Nexus-Plexus“ beschmiert er seinen Bierzeps mit wachsenden Mengen Theaterbluts und kommt ansonsten wacker grunzend der Werkbezeichnung „für einen männlichen Schreier und Tonband“ nach. Wir wissen es mittlerweile: Alles ist Kunst. Aber es hat sich eine weitere Erkenntnis durchgesetzt: Nicht jede Kunst ist wichtig.
Aber hier geht es ja nicht um zwei Einzelwerke, von denen der Schöpfer selbst sagt, dass das Publikum „je nach Auffassungsvermögen und Intelligenz das Erlebte verarbeiten und bewerten muss“. Es geht um ein Festival, das die Leipziger Festivallandschaft in den letzten acht Wochen um unerhörte Farben zu bereichern versucht hat. „Matrix“ heißt es – zu diesem Begriff, der es als Filmtitel zu erheblicher Popularität gebracht hat, lesen wir im Duden die Erklärung „geordnetes Schema von Werten, für das bestimmte Rechenregeln gelten“ und erinnern uns an dunkle Stunden im Mathe-Unterricht. Die Mediziner bezeichnen als Matrix eine Keimschicht, Zoologen nennen so das Nagelbett krallenbewehrter Tiere.
Das Forum Zeitgenössischer Musik meint für sein „Musik-Zeit-Herbstfestival“ wohl eher die mathematische Seite. Dass nämlich die 40 beteiligten Künstler aus 14 Ländern sich an einem vielsagenden Begriffsfeld abarbeiten: „home, religion, east, natura, erotic“. Also irgendwie alles.
Das lässt Raum für Köszeghy oder für Jean Louis Costes „pornosoziale Oper“ „holy virgin cult-show“ (am 28.11. in der Tangofabrik) – aber auch für gute Musik. Yoshihisa Tairas sinnliche strenge „Synchronie“ für zwei Flöten, oder Helena Tulves (Jahrgang 1972) klare Flächen von „abisis“ oder für Dmitry Lybins (geb. 1963) sprechend schlichte „Reflections of the sun on water“.
Das setzt sich erfreulich ab vom krude-spekulativen fäkalen Gestalten der 60er, das in Leipzig (Scholz‘ „Sacre“, euro-scene, Matrix) ein letztes Asyl gefunden hat, und liegt beim Dresdner Ensemble Courage um Dirigent Titus Engel in guten Händen. Immerhin.

(Peter Korfmacher)

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Matrix-Herstfestival Programm
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