Erstellungsdatum: 2017
Konzertinstallation für Knaben- oder Mädchensopran, Solisten, Chöre, SprecherInnen, Videokameras und Licht an einer Tafel mit 95 Stühlen
Nach Texten von Martin Luther und Thomas Christoph Heyde
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Detaillierte Informationen zum Projekt auf der Seite www.abendmahl2017.de sowie diverse Filme auf dem YouTube-Kanal des Projekts.
Textgrundlagen
Textgrundlage von ABENDMAHL sind die »95 Thesen« von Martin Luther in der lateinischen Originalfassung sowie das Gedicht »Vaterunser | Muttermein« von Thomas Christoph Heyde. Im ersten Teil löst Heyde die 95 Thesen von Luther in 430 Gesten auf, die die Mitwirkenden choreografiert wiedergeben. Die ‚Thesen’ werden also mehr versinnbildlicht denn vertont. Im zweiten Teil verarbeitet Heyde seinen Text mit dem Titel »Vaterunser | Muttermein«, in den das berühmte ‚Vaterunser’ fast unmerklich hineincodiert ist.
Besetzung | Aufstellung
Das Werk hat folgende Besetzung:
– 1 Knabensopran bzw. Mädchensopran
– 9 Gesangssolisten in 4 Gruppen:
• Gruppe I: Bass, Bass, Sopran
• Gruppe II:Tenor, Altus [bzw. Alt]
• Gruppe III: Sopran, Bass
• Gruppe IV: Alt, Tenor
– Chor I [8x Sopran, 8x Alt, 8x Tenor, 9x Bass]
– Chor II [13x Sopran, 8x Alt, 8x Tenor, 13x Bass]
– 10 Sprecher:innen
Die Mitwirkenden sind am Tisch verteilt [siehe Besetzungsansicht] und haben eine feste Position inkl. dazugehöriger Nummer. Diese spezielle Besetzung sollte bereits im Probenprozess berücksichtigt werden. Die Mitwirkenden spielen mit In-Ear-Monitoring. Dafür existiert ein mehrkanaliger Klicktrack mit Taktansage, der den verschiedenen Gruppen zugeordnet ist.
Gesten
Teil des Werkes sind theatrale Gesten, die die Mitwirkenden ausführen. Diese Gesten sind mit Nummern gekennzeichnet und ihre Dauer durch einen fortlaufenden Strich in den einzelnen Stimmen kenntlich gemacht. Die Gesten sind im sogenannten GESTENBUCH sowohl textlich als auch visuell detailliert beschrieben.
Installation
Die 95 Stühle (3D-Ansicht) sind eine Eigenentwicklung des Künstlers und spiegeln in ihren Größenverhältnissen die mathematischen Proportionen der Komposition wieder. Das verwendete Material (Holz, Teer, rostiges Metall, Federn und Plexiglas) verweist sowohl auf den historischen Kontext der Reformation als auch auf die Gegenwart. In die Rückseite der Stühle ist jeweils eine These von Luther eingearbeitet. Die handwerklich gefertigten Modelle sind jeweils Unikate.
Die Stühle stehen an einer 42 Meter langen Tafel, die ebenfalls nach den Vorgaben des Künstlers entwickelt wurde.
Die Installation ist sowohl Aufführungsort für das Gesamtwerk als auch Objekt zur Nutzung durch Besucher:innen.
Video
Teil der Aufführung ist ein komplexes Computergesteuertes Videosystem. Auf vier in die Tafel eingelassenen Schienen fahren vier separat gesteuerte Kameras, die die Mitwirkenden und ihre theatralen Gesten filmen und auf vier über der Tafel angebrachten Videoscreens wiedergeben.
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Dokumentarfilm über den Komponisten, Medienkünstler und Autor Thomas Christoph Heyde und das transmediale Kunstwerk »ABENDMAHL – abnehmender Schrecken | zunehmende Liebe«. Ein Film von Raffaéllo Lupperger. Ausführender Produzent: Robert Schröder. Produktion: LUMALENSCAPE & FZML. Idee, Komposition, Installation, künstlerische Gesamtleitung: Thomas Christoph Heyde
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Mitteldeutsche Zeitung vom 18.09.2017
Ein besonderes Abendmahl – Thomas Christoph Heydes Theaterstück mit Licht- und Videoinstallationen fasziniert etwa 1 000 Zuschauer auf den Wittenberger Marktplatz.
WITTENBERG/MZ – Wie werden die Lutherstadt und ihre Besucher auf die gewaltige Installation eines transmedialen Kunstwerkes mit dem Titel „Abendmahl“ reagieren? Eine Frage, die dem Komponisten und Medienkünstler Thomas Christoph Heyde (43) wenige Stunden vorm Auftritt auf dem Wittenberger Markt immer wieder durch den Kopf gehen.
„Vor zwei Jahren entstand bei mir die Idee, wie lässt sich ein so zentrales Thema wie Luthers Thesenanschlag, aber auch das Abendmahl als wichtigste Liturgiehandlung des Christentums künstlerisch umsetzen? Viele Menschen scheuen den Schritt in Konzertsäle. Dem wollte ich mit so einem spannenden Stoff Open Air auf einem zentralen Platz etwas entgegen setzen“, so Heyde. Die ersten Stationen Leipzig (Markt) und Erfurt (Domplatz) zeigten, dass das Konzept mit je über 1 000 Besuchern aufging. Ehe die 42 Meter lange Abendmahlstafel für das Publikum sichtbar und erfassbar wurde, entstand das Kunstwerk zunächst als 3-D-Simulation am Computer, sagt Mediengestalter Robert Schröder. „Gänsehautfeeling war in meiner Heimatstadt Erfurt angesagt“, beschreibt der 30-Jährige seine Gefühle.
Die gab es auch in Wittenberg: die wunderbare Lichtinstallation vor der romantischen Altstadtkulisse zog bereits eine Stunde vor Beginn der Aufführung einige Hundert Besucher an. Am Ende waren es geschätzte 1 000. 95 Sängerinnen und Sänger vom Staatstheater Meiningen, darunter neun Solisten aus Dresden, boten den imposanten künstlerischen Rahmen. Die surreal anmutende Szenerie bot Raum für Interpretationen. Da waren Textpassagen, pantomimische Gesten in einer ausgeklügelten Choreografie zu erleben – sichtbar auf vier Videoleinwänden.
Fahrbare Kameras setzten die jeweiligen Akteure ins „passende Licht“. Nicht nur das „Vater unser, Mutter mein“ – so die etwas andere Version des Gebetes – löste bei manchem Gast Verwunderung aus. Auch der modern, avantgardistisch wirkende Thesenanschlag Luthers zeigte, dass Reformation wohl auch in Zukunft ein Thema sein wird.
Wittenberger wie Touristen ließen sich das etwa 30-minütige Spektakel nicht entgehen. Auch Marek Szabo, Teil einer 48-köpfige slowakische Reisegruppe, ist begeistert: „Wir sind von Wittenberg total begeistert und bleiben drei Tage hier.“ Er, wie viele andere reihten sich ein in den Schlussapplaus für das Theaterspektakel der besonderen Art. „Nutzen Sie die Gelegenheit und setzen Sie sich vielleicht morgen zum Frühstück an unsere Tafel und kommen miteinander ins Gespräch“, so der Appell Heydes, an ein begeistertes Publikum.
(Rainer Schultz)
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Anmerkung: das Aufführungsmaterial zum Werk erhalten Sie auf Anfrage.
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